![]() Viele Jahre war ich der Überzeugung, dass die Herausforderungen in meinen Liebesbeziehungen im dualen MenschSein begründet liegen. Wir haben uns auf dieser Welt in ein duales System inkarniert und unterliegen somit auch seinen Gesetzmässigkeiten. Der wesentliche Unterschied zwischen Dualität und Polarität war mir nicht bewusst und so habe ich Beziehungen immer in der trennenden und urteilenden Wirkung der Dualität verstanden. Die Konsequenz war stets entweder Anpassung oder Streit. Heute bin ich überzeugt, dass Dualität eine der vielen menschlich kreierten Bezeichnungen für etwas ist, dass wir noch nicht integriert und mit Bewusstsein gefü(h)llt haben. Sie basiert auf Urteilen, die je nach Ansicht und Konditionierung unterschiedlich sein können. Per Definition ist Dualität eine Zweiheit von sich gegenseitig ausschliessenden Gegensätzen. Doch gibt es solche «Zweiheit» überhaupt in einer holistisch ganzheitlichen Sichtweise? Darüber können wir auf dieser Plattform philosophieren. Die Wirkung von Dualität kennen wir. Oft schafft sie Trennung, Konflikte oder Streitgespräche. Ebenso fragwürdig wie die Dualität erscheint mir der Wunsch nach Einheit. Auch hier die Frage, gibt es in einer holistischen Sichtweise Einheit oder EinsSein überhaupt? Wo hört das Individuum auf und wo fängt das All-Eins an? Die Polarität – anders als die Dualität – bildet eine sogenannte relative Einheit von sich gegenseitig ergänzenden oder anziehenden Gegensätzen. Während Dualität die Gegensätze in zwei Hälften trennt, umfasst die Polarität das gesamte Spektrum als ein sich gegenseitig bedingendes Ganzes. Somit ist die Wirkung der Polarität, trotz der Gegensätze, eine sich ausbalancierende Ordnung. Gleichgewicht ist deshalb nicht das Eliminieren von Gegensätzen, sondern die Konsequenz einer gesunden, aufeinander bezogenen Polarität. Was heisst das für meine Beziehungskultur? Die Auseinandersetzung mit den Gegensätzen hat leider nicht aufgehört, jedoch gibt es die irrtümliche Suche nach Einheit nicht mehr. Diese wurde ersetzt durch die Suche nach lustvollen und kreativen Ergänzungen, die sich aneinander erfreuen anstatt sich zu bekämpfen oder anzupassen. Das macht wesentlich mehr Spass und auch mehr Sinn. Die Bedeutung einer gesunden Polarität in Männer-Kreisen können wir hier ebenfalls untersuchen. Oft erlebe ich in Gemeinschaften den Wunsch, gesehen, erkannt und bestätigt zu werden, sowie gleicher Meinung zu sein. Scott Peck[1] würde dies die Anpassungs- oder Pseudophase nennen. Jede lebendige Beziehung braucht eine Auseinandersetzung mit der Polarität. Hier war und ist mir der Gemeinschaftsbildungsprozess von Scott Peck ein wunderbarer Lehrer und Spielgefährte, den ich in der Praxis und im Coaching, aber auch zu Hause mit meiner Frau sehr oft mit einbeziehe. Bei dieser Arbeit durchläuft eine Gruppe vier prägende Lebensphasen, die Pseudo- oder Anpassungsphase, das Chaos, die Leere oder Stille und die Authentizität. Wir alle kennen diese Momente im Leben. Einen konstruktiven Unterschied erfahren wir durch die bewusste Auseinandersetzung damit und das Erkennen der «Geschenke» dieser Phasen in Beziehungen oder Gemeinschaften. In einem späteren Blog gerne mehr darüber. Was sind Deine Erfahrungen und Erkenntnisse in Bezug auf Dualität und Polarität? Herzliche Grüsse Pablo Hess Pablo unterstützt Menschen und Gruppen in Krisen und bei Lebensübergängen mit integrativer Prozessbegleitung und Körperarbeit. Er ist Initiant des MännerSymposiums Schweiz und hat dieses Jahr für die Integrale Politik Schweiz auf einen Sitz im Nationalrat kandidiert. www.pablo-hess.ch [1] Gemeinschaftsbildung: Der Weg zu authentischer Gemeinschaft Taschenbuch ISBN: 9783981686029 von Götz Brase (Herausgeber, Mitwirkende), M. Scott Peck (Autor), Samuel Widmer (Mitwirkende), Lilut Janisch (Übersetzer), Olaf Jungbluth (Übersetzer), Anne Lohmann (Übersetzer)
7 Kommentare
Michael Suter
9/11/2019 20:32:32
Polarität und Dualität, eine interessante Betrachtung.
Antworten
Pablo
16/11/2019 20:18:52
Danke Michael
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Michael Suter
16/11/2019 22:48:58
Danke, Pablo, für die Antwort.
Martin
15/11/2019 12:59:39
Danke Pablo!
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Pablo
16/11/2019 20:28:58
Hmmm, das erlebe ich ähnlich in meinem MännerKreis. Diskussionen sind einfach nicht mehr spannend, vor allem wenn der Versuch dahinter steht, andere zu überzeugen. Das Mit-Teilen hingegen eröffnet Räume, die ich vorher nicht gesehen habe und durchaus (jedoch freiwillig) meine Meinung ändern können.
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Raphael
25/11/2019 11:32:03
Wichtigste Erfahrungen in Bezug auf Dualität und Polarität sind (anlehnend an deinen Text) für mich…
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Pablo Hess
25/11/2019 11:39:27
Lieber Raphael
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